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die rolles des mikrobioms

Die Rolle des Mikrobioms in der menschlichen Verdauung

Die Rolle des Mikrobioms in der menschlichen Verdauung

Als 16-jähriger Schüler habe ich meinen Biologielehrer gefragt: „Warum verdauen wir uns eigentlich nicht selber?“ Seine Antwort war: „Weil es nicht geht.“

Kurz vorher hatten wir im Biologie Leistungskurs zum Thema Verdauung, über die Funktion der einzelnen im Menschen hergestellten Enzyme gelernt. Da ich mit dieser Antwort nicht zufrieden war, sagte ich: „Eine Zelle besteht aus Fett, Eiweiß und Kohlehydraten. Die
Nahrung, die wir zu uns nehmen auch.“ Seine Reaktion darauf war verständlicherweise hilflos, weil 1965 die Forschung im Bereich Apoptose (programmierter Zelltod) und der Funktion des Mikrobioms noch in den Kinderschuhen steckte. Er vermutete es sei genetisch.
Eine weitere im Biologieunterricht verbreitete Fehlinformation war, dass Kühe deshalb Zellulose verdauen können, weil sie über 4 Mägen verfügen. Wie in allen anderen wissenschaftlichen Disziplinen, haben wir in der Forschung riesige Fortschritte gemacht.
Heute wissen wir, dass sich der Mensch sehr wohl teilweise selbst verdaut. Dass der Prozess der Apoptose dafür sorgt, dass je nach Enzymbelastung Epithelzellen sehr schnell absterben und in angemessenen Maßen wieder nachgebildet werden. Zudem wird die Schleimhaut von Schleim produzierten Becherzellen als auch vom Mikrobiom des Verdauungstraktes geschützt. Die Fähigkeit von Kühen Zellulose zu verstoffwechseln, hat hingegen nichts, mit der Anzahl der Mägen zu tun. Mikroorganismen im Mikrobiom der Kuh (Bakterien, Pilze und Protozoen) produzieren das Enzym Zellulase, das langkettige Kohlehydrate in Glukose umwandelt.

Ein weit verbreiteter Irrtum in der Gastroenterologie (Lehre vom Verdauungstrakt) war, dass die menschliche Verdauung im Wesentlichen von der Präsenz der im menschlichen Körper hergestellten Enzymen geleistet wird. Im menschlichen Organismus werden insgesamt 20
verschiedene Enzyme produziert. Das Mikrobiom hingegen produziert nach Stand der Forschung mindestens 100 unterschiedliche Verdauungsenzyme. Meine Arbeitshypothese ist, dass die in den verschiedenen Drüsen hergestellten Enzyme der Vorverdauung dienen
und, dass die Aufschlüsslung in Aminosäuren, Glukose und Fettsäuren von Mikroorganismen übernommen werden. Es ist sicher legitim zu behaupten, dass wir von unseren Symbionten gefüttert werden.

All die revolutionären Erkenntnisse der Mikrobiologie sind noch lange nicht im schulmedizinischen Alltag angekommen. Seit 2013 wissen wir, dass Serotonin von Mikroorganismen im Verdauungstrakt hergestellt wird. Diese Erkenntnis hat keinerlei Einfluss auf die in der Psychiatrie eingesetzten pharmakologischen Therapien. Die immer noch weit verbreitete Praxis, Antibiotika als Standard Therapie von zum Teil lapidaren Erkrankungen einzusetzen, hat sehr großen Einfluss auf unsere körperliche und auch psychische Befindlichkeit. Häufig wird nach der Antibiose dem Patienten empfohlen, mehr Joghurt zu essen, damit sich das Mikrobiom erholt. Probiotische Therapievorschläge sind in der Regel unspezifisch und deshalb auch nur selten erfolgreich. Es wäre wünschenswert, dass die Pharmaindustrie intensive Forschung im Bereich der Probiotik anstrebt, und dass die in der Mikrobiologie erlangten Erkenntnisse in der Schulmedizin umgesetzt werden. Ein Vordenker in diesem Gebiet ist Dr. William Davis, der mit seinem Buch: „Super Gut“ in der Deutschen Übersetzung: „Neustart für den Darm“ gut verständlich die Funktion des Mikrobioms beschrieben hat und sehr praktikable Vorschläge für die probiotische Regeneration macht. Es wäre ein Traum, wenn jeder Mediziner, und insbesondere jeder Gastroenterologe, dieses Buch lesen würde und therapeutische Konsequenzen für den medizinische Alltag ziehen würde.

Hartmut Tulaszewski
CYTO-Labor
DE 35423 Lich